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So lerne ich, als Introvertierter frei und glücklich nach eigenen Vorstellungen zu leben

Dies ist ein Gastartikel von Alex, dem Auftragsdichter. Alex reflektiert in diesem Text, was er tun muss, um so frei und glücklich zu leben, wie es ihm beliebt. Er ist auf einem guten Weg und mancher Leser wird sich einiges von seinem Denken abschauen können. Los geht’s.

Warum bin ich so geworden, wie ich bin? Wer bin ich wirklich? Was will ich überhaupt? Was macht mich glücklich? Vier einfach klingende Fragen. Aber wer stellt sich diese Fragen tatsächlich? Wie viele Menschen beschäftigen sich ernsthaft mit ihnen? Wer von uns horcht immer wieder intensiv in sich hinein, um diese Fragen mit voller Überzeugung beantworten zu können? Nicht viele, glaube ich. Warum eigentlich nicht? Weil wir nie gelernt haben, nach unseren eigenen Maßstäben und Vorstellungen zu leben? Weil unsere Erzieher uns weder Selbstrespekt, Selbstverwirklichung noch Eigenverantwortung beigebracht haben? Weil wir in weiterer Folge versuchen, unser Verhalten den Erwartungen unserer Mitwelt anzupassen, statt so zu agieren, wie es für uns das Beste wäre?

Mein Name ist Alex. Mit 42 Jahren nicht mehr ganz so jung. Und natürlich introvertiert. Patrick war so nett, bereits zwei meiner Gastartikel zu veröffentlichen (Nummer 1, Nummer 2). Zu diesem Zeitpunkt bin ich der Meinung gewesen, dass meine letzten noch offenen Fragen zum Thema Introversion beantwortet waren, wozu Patrick mit dieser Homepage maßgeblich beigetragen hat. So weit, so gut. Tatsächlich wusste ich bereits viel über mich und sämtliche typisch introvertierten Eigenheiten. Ich begann, deren Vorteile zu verstehen, zu akzeptieren und zu verinnerlichen.

Allerdings machte ich einen entscheidenden Fehler: Ich neigte dazu, die Introversion für das Negative in meinem Leben verantwortlich zu machen. Anders ausgedrückt: Ich gab die Verantwortung für meine negativen Verhaltensweisen ab und versuchte, alles Schlechte mit der Ausrede zu erklären oder zu entschuldigen: „Ich bin eben introvertiert!“

Der Grundsatz dafür lautete: „Das kann ich nicht, weil ich introvertiert bin!“ Um es konkreter zu beschreiben, hier ein Beispiel: „Bei diesem Gespräch würde ich scheitern. Ich bin introvertiert und kann mich verbal nicht durchsetzen. Deswegen versuche ich es erst gar nicht.“ Heute weiß ich, dass diese Einstellung falsch war. Wahr ist vielmehr: Es gibt keine Ausrede für das eigene Versagen! Ich allein bin dafür verantwortlich, an jedem Tag möglichst frei und glücklich zu leben. Auch trage ich allein die Verantwortung für mein Handeln und alle daraus resultierenden Konsequenzen.

Daraus ergibt sich die Frage: Wie kann ich jeden Tag frei und glücklich sein, wenn ich unangenehmen Situationen mit der „Killer – Einstellung“ begegne: Das kann ich nicht, ich bin introvertiert? Macht mich dieses Verhalten innerlich frei? Wohl kaum. Solche „Killer – Phrasen“ sind nicht ungewöhnlich, nicht nur bei uns Introvertierten. Im Grunde bedeuten sie nichts anderes, als eine Flucht vor sich selbst. Wäre es nicht besser, sich unangenehmen Situationen zu stellen und nach einer Lösung für Probleme zu suchen, statt vor ihnen davonzulaufen? Natürlich wäre das besser, aber Davonlaufen ist nun mal der bequemere Weg. So braucht man nichts weiter tun, als sich selbst zu bemitleiden und die Schuld an jemanden oder an etwas abzugeben, also die Eigenverantwortung von sich zu weisen.

Wer kennt in seinem Umfeld nicht Menschen, die sagen: „Ich bin so unglücklich, ich hatte eine schwere Kindheit.“ Oder: „Mein Partner kümmert sich zu wenig um mich.“ Häufig hört man auch: „Mein Vorgesetzter macht mich fertig.“ Vielleicht noch: „Das Leben ist so ungerecht, Herr X verdient das Dreifache von mir, Frau Y hat ein Haus geerbt“, und so weiter, und so fort.

Ist es nicht auffallend, dass alle diese verschiedenen Aussagen eines gemeinsam haben: Immer sind es andere, denen wir am eigenen Unglück die Schuld in die Schuhe schieben: Den Eltern, dem Partner, dem Chef, Herrn X, Frau Y, oder eben der Introversion, die an allem Negativen die Schuld tragen soll. Wir schieben die Verantwortung für unser Leben ab.

Ich habe für mich herausgefunden: Mein Unglück und Unwohlsein geht nicht von anderen oder der Introversion aus, sondern beginnt bei mir selbst, zuallererst in meinen Gedanken. Ich bin so, wie ich denke. Wenn ich negativ denke und die Verantwortung für mein Leben, mein Denken und Handeln nicht selbst übernehme, kann ich nicht frei und glücklich sein.

Auch Freiheit und Glück finde ich nur in mir selbst. Wer zum Glücklichsein andere braucht, macht sich von ihnen abhängig, vor allem von ihrer Beurteilung. Ich habe festgestellt, dass die Gefühlswelt vieler Menschen in erschreckend hohem Maß vom Urteil ihrer Mitmenschen abhängt: Werden sie gelobt, fühlen sie sich bestätigt und gut. Werden sie getadelt und kritisiert, fühlen sie sich abgewertet und schlecht. Warum eigentlich? Wieso machen sich so viele Menschen von der Beurteilung anderer abhängig, anstatt sich zu sagen: Ich bewerte mein Handeln selbst. Ich bin meine eigene Kontrollinstanz. Wichtig ist nicht, wie andere über mich denken, sondern wie ich über mich denke.

Die Antwort findet sich wahrscheinlich schon in frühester Kindheit. Sind wir nicht alle von klein auf mit der Botschaft erzogen worden: Wenn du tust, was andere von dir erwarten, wirst du belohnt. Wenn nicht, wirst du bestraft. Dieses System beginnt zuhause durch die Eltern, geht weiter über Erzieher wie Kindergärtnerinnen und Lehrer, und endet meistens beim Vorgesetzten am Arbeitsplatz.

Ist es verwunderlich, dass sich dieses System in unser Unterbewusstsein programmiert hat? Sind viele von uns nicht deshalb beinahe schon süchtig nach Lob und Anerkennung durch andere, und fürchten wir uns nicht deswegen vor Ablehnung und Kritik, weil wir es von Kindesbeinen an nicht anders gewohnt sind?

Und ist es möglich, ein freies und glückliches Leben nach eigenen Maßstäben und Vorstellungen zu führen, wenn man in diesem System gefangen ist? Ich behaupte, nein! Deswegen war es für mich wichtig, mir dieser Zusammenhänge einmal bewusst zu werden. Es genügte noch nicht, alles über Introversion zu wissen.

Die meisten von uns wurden dazu erzogen, immer nett und höflich zu sein und anderen Menschen Respekt entgegen zu bringen, besonders sogenannten Autoritätspersonen. Da haben wir es wieder: Kaum können wir denken, sollen wir den anderen Respekt erweisen. Wer aber lehrt uns den nötigen Respekt vor uns selbst? Wurden uns Selbstverwirklichung und Selbstbestimmung beigebracht, oder gewöhnte man uns daran, dass andere bestimmen, was für uns richtig und falsch ist?

Der Klassiker schlechthin, wenn Eltern dem Heranwachsenden sagen: „Tue, was wir dir sagen, wir wollen nur dein Bestes!“

Eine Aussage, die ich nicht anzweifeln möchte. Eltern wollen gewiss das Beste für ihre Kinder, allerdings so gut wie immer nach ihren Maßstäben und Vorstellungen. Leider scheinen viele Eltern nicht ansatzweise zu hinterfragen, ob ihre Maßstäbe auch tatsächlich die Besten für das Kind sind. Jeder Mensch ist eine individuelle Persönlichkeit, und wenn Eltern einem Heranwachsenden gar nicht die Möglichkeit zur Selbstfindung geben, sondern in etwas hineinzwingen, das sie für richtig halten, kann das im schlimmsten Fall in einer Katastrophe enden. Warum schreibe ich das? Weil ich ein diesbezügliches Paradebeispiel bin!

Wir wissen, dass Introversion zu 50 Prozent angeboren ist. Die andere Hälfte ist von Erziehung und Umwelteinflüssen abhängig. Oder anders ausgedrückt: Erziehung kann die introvertierte Veranlagung entweder abschwächen, oder noch verstärken. Bei mir traf der zweite Fall zu. Meine Eltern wollten zweifellos das Beste für mich, aber die Durchsetzung dieses angeblich Besten, natürlich an ihren Maßstäben gemessen, trieben sie mit regelrechtem Fanatismus voran.

Ich jedoch spürte deutlich, dass der mir von den Eltern vorgegebene Weg nicht mein Weg war. Es fühlte sich für mich nicht richtig an, bis zum Schulabschluss in einer allgemeinbildenden höheren Schule die Schulbank zu drücken, das machte mir überhaupt keinen Spaß. Als ich den elterlichen Vorstellungen nicht mehr entsprach und sich meine schulischen Leistungen deutlich verschlechterten, versuchten sie mich mit drastischen und fragwürdigen Methoden zu „motivieren“. Ich wurde auf das Schlimmste unter Druck gesetzt. So wurden mir jahrelang Formeln suggeriert wie: „Wenn du die Schule nicht fertig machst, wirst du immer ein Volltrottel sein!“

Mittlerweile habe ich herausgefunden: Sobald sich solche Aussagen einmal ins Unterbewusstsein programmiert haben, setzt sich ein vernichtender Kreislauf in Gang. Das Unterbewusstsein gibt diese inzwischen einprogrammierten Formeln ans Bewusstsein weiter. Einfacher ausgedrückt, spricht das Unterbewusstsein: „Hallo Bewusstsein, du bist nichts weiter als ein Volltrottel, also benimm dich nach außen hin so!“ Unbewusst begann sich mein Verhalten tatsächlich in diese Richtung zu ändern. Das war wohl der Grund, warum ich immer mehr zum Außenseiter abgestempelt wurde, von Mitschülern und Lehrern gemobbt, und auch Jahre später noch von etlichen Mitmenschen als Trottel angeschaut. Der Teufelskreis war in vollem Gange.

Natürlich hatte ich die Schule nicht abgeschlossen. Wer einen anderen Menschen gegen dessen Willen zu etwas zwingen will, erreicht in der Regel genau das Gegenteil. Ein Arzt hätte mir damals wahrscheinlich ein schweres Burnout diagnostiziert. Ich konnte nicht mehr.

Als junger Erwachsener stand ich dann da, ohne Selbstbewusstsein, jeglicher Selbstachtung beraubt und von oben bis unten vollgepumpt mit Depressionen und Minderwertigkeitskomplexen. Das war mein Start ins Erwachsenenleben, wobei jene introvertierten Eigenschaften, die generell von der Umwelt als negativ betrachtet werden, besonders stark ausgeprägt waren.

Viele Jahre kämpfte ich gegen meine zahlreichen psychischen Probleme, teilweise mit Erfolg, aber die Formel „Du wirst immer ein Volltrottel sein“ kam immer wieder durch. Meistens dann, wenn mir irgendetwas nicht gelungen war, kamen mir Gedanken wie: „Tja… scheinbar hatten sie recht. Ich bin wirklich ein Volltrottel!“

Erst vor kurzem kam ich zu der Erkenntnis: Den Teufelskreis kann ich nur dann endgültig durchbrechen, wenn ich mir alle Zusammenhänge bewusst gemacht und sie verstanden habe. Dann erst kann ich auch bewusst und mit Erfolg gegensteuern. Durch meine Selbstanalysen konnte ich mir die Erste der eingangs gestellten vier Fragen beantworten: „Warum bin ich so geworden, wie ich bin?“ Die Antwort habe ich soeben erläutert.

Was ich mich außerdem fragte: Warum ist kaum jemand daran interessiert, selbstbestimmte und unabhängige Menschen aus uns zu machen? Vielleicht deswegen, weil Menschen, die genau wissen, was sie wollen, nur schwer von anderen zu beeinflussen sind? Wer selbst nicht weiß, was er will, dem reden andere es ein. Man stelle sich vor, jeder Mensch hätte eine genaue Vorstellung davon, was er will, was er braucht, und wie er sein Leben ausschließlich nach eigenen Maßstäben gestalten möchte. Ganze Wirtschaftszweige würden zusammenbrechen. Die Werbung könnte das Kaufverhalten nicht mehr lenken. Die Leute würden keine Produkte mehr kaufen, nur weil man sie ihnen in der Werbung eingeredet hat.

Was würde passieren, wenn zigtausende Frauen gleichzeitig zu der Überzeugung kämen, schön genug zu sein, so wie sie sind, und kein Schminkzeug mehr bräuchten, das sie angeblich schöner macht? Eine Katastrophe für diese Branche. Gleiches gilt für Waschmittel, Autos, technische Geräte, usw. Das wäre wohl das Ergebnis, wenn die Welt ausschließlich aus selbstbestimmten Menschen bestünde, denen niemand anderer etwas einreden kann. Vielleicht ist es deshalb nicht üblich, uns in diese Richtung zu trainieren. Man gewöhnt uns daran, uns auf andere mehr zu verlassen, als auf uns selbst. Dabei kann jeder Mensch alles für ihn Wichtige nur in ihm selbst finden – aber die Wenigsten tun es. Weil man ihnen beigebracht hat, anderen mehr zu glauben und zu vertrauen als sich selbst.

Für unsere Gesundheit sollen zum Beispiel die Ärzte sorgen. Wieder geben wir die Eigenverantwortung an andere ab. Wir sagen: „Wenn wir krank werden, wird uns der Doktor schon gesund machen.“ Wenn also jemand jahrelang seine Gesundheit ruiniert, sei es durch Rauchen, Trinken, falsche Ernährung oder Bewegungsmangel, dann wundert er sich womöglich auch noch, wenn er irgendwann krank wird. Wenn der Arzt ihm nicht, oder nur bedingt helfen kann, ist natürlich der Arzt der Schuldige. Als ob dieser etwas dafür könnte, dass der Patient die Eigenverantwortung für seinen Körper nicht wahrgenommen und sich durch seinen Lebensstil selbst kaputt gemacht hat. Andererseits lebt der Arzt ja davon, dass es Menschen gibt, die nicht alles Mögliche tun, um gesund zu bleiben. Aber ich schweife ab.

Was habe ich nun getan, um endlich frei und glücklich nach eigenen Vorstellungen leben zu können? Als erstes, wie bereits erwähnt, habe ich mir alle Zusammenhänge bewusst gemacht, die mich zu dem Menschen werden ließen, der ich bin. Dann habe ich beschlossen, die Maßstäbe, die Tugenden und die sogenannten Verhaltensnormen, die mir andere eingeredet haben, zu entsorgen und durch meine eigenen zu ersetzen. Im Klartext heißt das: Ich horche regelmäßig in mich hinein und vertraue meinem Instinkt, meiner Intuition, meinem Gefühl, oder wie immer man es nennen mag. Kurz: Was immer ich für mich als richtig erkannt habe, ist richtig! Was andere davon halten, ist gleichgültig!

Ein Beispiel: Ich bin von einem bestimmten Vorhaben überzeugt. Ich habe es für mich als richtig erkannt. Ich erzähle einem Bekannten davon. Der schlägt die Hände über dem Kopf zusammen und meint, dass das niemals gut gehen kann. Nun habe ich zwei Möglichkeiten:

1. Folge ich meinem Gefühl und setze mein Vorhaben in die Tat um?
2. Oder lasse ich mich von der Meinung eines anderen beeinflussen und werfe mein Vorhaben über den Haufen?

Wenn ich mich für die zweite Möglichkeit entscheide, wäre das wieder ein eindrucksvolles Beispiel, dass ich auf jemand anderen mehr gehört habe, als auf mich selbst. Ich habe jene Maßstäbe, die für einen anderen richtig sind, für mich übernommen, obwohl mir meine innere Stimme das Gegenteil gesagt hat.

Ich kam zu der Erkenntnis: Was für mich richtig ist und was nicht, kann nur ein Mensch herausfinden und entscheiden: ich selbst!

Aber wer bin ich wirklich? Nun komme ich zur zweiten eingangs erwähnten Frage. Um zu wissen, wer ich wirklich bin, musste ich vorher die dritte eingangs gestellte Frage beantworten: „Was will ich überhaupt?“ Wohlgemerkt: Was ich will, nicht, was andere von mir erwarten, oder mir eingeredet haben. Also, wer war ich bisher? Ein introvertierter, in das System der breiten Masse gepresster Mensch, nach Geboten und Verboten lebend, die andere bestimmt haben? Jemand, dem eingeredet wurde, dass ein angeblich sicherer Arbeitsplatz, sowie guter Verdienst, somit Geld und Besitz, das Wichtigste im Leben sind? War ich jemand, der das geglaubt hat, ohne kritisch zu hinterfragen, jemand, der Jahrzehnte nach diesen Prinzipien gelebt hat?

Ja, das war ich. Aber wenn ich in mich hineinhorche, komme ich zum Ergebnis: Das bin nicht wirklich ich! Das sind nicht meine Vorstellungen eines glücklichen Lebens, sondern die Vorstellungen anderer! Also habe ich entschieden, aus diesem System auszusteigen. Als introvertierter Mensch kann ich mit mir selbst kommunizieren, aber ich musste lernen, diese Fähigkeit auch wirklich zu meinem Vorteil zu nutzen. Mittlerweile habe ich mich oft genug gefragt, was ich möchte, und, um zur vierten eingangs gestellten Frage zu kommen, was mich glücklich machen würde.

Mein Ergebnis: Ich bin introvertiert, mag weder Lärm, Smalltalk noch Menschenmassen. Das war mir schon längst bekannt. Ich bin jemand, der nicht bis zur Pensionierung einer Arbeit nachgehen will, die ihn nicht wirklich erfüllt. Ich möchte raus aus der großen Stadt und ein bescheidenes, ruhiges Leben am Land führen. Ein Leben, das zu meinen introvertierten Bedürfnissen passt. Ein kleines Haus, ein kleines Auto, dessen Erhaltungskosten nicht hoch sind. Ich möchte Zeit haben für Aktivitäten, die mir Freude bereiten und damit auch Geld verdienen, zum Beispiel mit dem Schreiben. Wenn ich das geschafft habe, hätte ich mein Endziel erreicht.

Dann könnte ich sagen: Das bin ich. Das will ich. Ich bin glücklich und lebe mein Leben nach eigenen Vorstellungen. Meine Kernfrage lautet nicht: „Wie kann ich mehr Geld verdienen, um noch mehr Besitz anzuhäufen?“, sondern: „Wie viel Geld brauche ich, um so leben zu können, wie es meinen Vorstellungen entspricht?“

Wenn ich jetzt andere fragen würde, bekäme ich garantiert wieder die üblichen „Killer – Aussagen“ zu hören, wie: „Das ist unmöglich. Das schaffst du nie. Wie stellst du dir so deine Zukunft vor?“ Und vieles mehr.

Ich aber habe beschlossen: Ich glaube an mich selbst mehr, als an irgendjemand anderen! Wenn ich etwas als für mich richtig erkannt habe, dann ist das richtig! Das Risiko, das ich dabei eingehen muss, liegt, so wie alles andere auch, allein in meiner Verantwortung. Wenn andere Menschen aus Bequemlichkeit niemals ein gewisses Risiko auf sich nehmen wollen, ist das deren Sache.

Eines ist sicher: Niemand kann frei und glücklich nach seinen Vorstellungen leben, wenn er nicht daran glaubt, dass es möglich ist! Das gilt meiner Ansicht nach für jeden Menschen. Keine Erfindung wäre jemals zustande gekommen, wenn nicht irgendjemand gesagt hätte: „Ich schaffe es. Das ist möglich!“ Derjenige ließ sich auch nicht beirren, wenn er von anderen dafür ausgelacht wurde, sondern glaubte daran und verwirklichte seine Vorstellung.

Ich glaube, viele erfüllen sich ihre Träume nur deshalb nicht, weil ihre Fähigkeiten zur Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung bereits als Kind im Keim erstickt wurden. Jeder hat irgendeine Fähigkeit, ein Talent, das ihm Freude macht und aus dem er etwas machen, etwas entwickeln (davon leben?) könnte. Aber er hinterfragt seine Wünsche nicht mehr, weil er von anderen in das gewünschte System gepresst wurde.

Mein Plan

Um ein Ziel, eine Wunschvorstellung zu erreichen, benötigt man einen konkreten Plan. Was bei mir noch dazukommt: Ich muss mich endgültig aus dem schon erwähnten Teufelskreis befreien. Ich brauche für die Erreichung meiner Ziele ein starkes Selbstbewusstsein. Zusätzlich sei noch gesagt, dass alles, was ich hier schreibe, für interessierte Leser nur als Anregung dienen kann, keinesfalls als Anleitung zum Nachahmen. Dann nämlich wären wir wieder an jenem Punkt, von dem ich abzukommen empfehle: Was für mich richtig ist, muss für andere längst nicht richtig sein. Jeder Mensch kann nur selbst herausfinden, was für ihn richtig ist, indem er sich fragt: „Was will ich?“

Ist jemandem der Name Emil Coue ein Begriff? Dieser Mann war der Begründer der Autosuggestion. Er empfahl den Menschen, sich mehrere Male am Tag die Formel zu suggerieren: „Es geht mir von Tag zu Tag in jeder Hinsicht immer besser und besser.“
Allein, als ich diesen Satz las, wurde mir einiges klar. Wenn es möglich war, dass andere mein Unterbewusstsein durch permanentes Wiederholen von Formeln wie „Du wirst dein Leben lang ein Trottel bleiben“ programmieren konnten, warum sollte es mir nicht möglich sein, mein Unterbewusstsein durch permanentes Wiederholen von Gegenformeln umzuprogrammieren?

Ich wende diese Methode seit ein paar Wochen bei allen möglichen Gelegenheiten an. Beim Radfahren, in der U-Bahn, vor dem Aufstehen, vor dem Einschlafen. Gepaart mit ein paar tiefen und bewusst ausgeführten Atemzügen zur Entspannung suggeriere ich mir immer wieder Formeln wie: „Ich bin heute glücklich, egal was passiert.“ „Meine Ängste sind völlig gleichgültig. Sie tun mir nichts.“ „Was ich auch anpacke, ich schaffe es!“
Ich habe diese Methode noch mit autogenem Training verstärkt, und tatsächlich spüre ich bereits die Wirkung. Ich bin innerlich ruhiger geworden und reagiere auch in für mich als Introvertierten unbequemen Situationen gelassener und selbstbewusster.

Wenn ich spontan in Situationen gerate, die mich unsicher oder ängstlich machen, habe ich ebenfalls die Wirkung der Atmung für mich entdeckt. Wir kennen das alle: Nachdem wir eine brenzlige Situation heil überstanden haben, atmen wir automatisch ganz stark aus, eventuell begleitet mit einem: „Puh, das war aber knapp!“ Das Sprichwort „Da stockt einem der Atem“ kommt nicht von irgendwo. Also warum sollte ich mir eine automatische Reaktion des Körpers, dem starken Ausatmen nach Gefahrensituationen, nicht zunutze machen, indem ich schon während einer unangenehmen Situation ganz bewusst stark ausatme, damit mir der Atem erst gar nicht stockt, der Körper sich entspannt, ich klarer denken und angemessen reagieren kann?

Ich habe erkannt, dass es mir nicht geschenkt wird, glücklich zu sein und ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein zu haben. Schon gar nicht darf ich erwarten, es von anderen Menschen zu bekommen, oder mich zurücklehnen, bis es sich von selbst ergibt. Ähnlich dem Erlernen einer Sportart oder eines Musikinstrumentes, muss ich Glück und Selbstbewusstsein täglich trainieren und einüben. So lange, bis es irgendwann von selbst geschieht!

Soviel dazu, wie ich mich aus meinem Teufelskreis des mangelnden Selbstbewusstseins befreie. Nachfolgend einige Schritte und Verhaltensweisen, die mich meinem großen Ziel, jeden Tag so frei und glücklich wie möglich zu leben, näher bringen:

Die Schritte

Um am Ball zu bleiben, habe ich mir ein Zeitlimit gesetzt. Im Sommer 2020 möchte ich mein Endziel erreicht haben. Somit bin ich nicht ungeduldig, habe aber ein fixes Datum. Alles hat seine Zeit, alles braucht seine Zeit. Viele Menschen erfüllen sich ihre Wünsche nur wegen ihrer Ungeduld nicht. Ich verfolge meinen Plan in kleinen, machbaren Schritten.

Bis dahin schaffe ich so viel Geld wie möglich auf die Seite, um nach meinem Ausstieg aus dem System genügend Rücklagen zu besitzen.

Ich bin nicht mehr abhängig von Lob, Kritik und Bewertung von außen. Ich bewerte mein Handeln selbst und bin meine eigene Kontrollinstanz. Ich übernehme die alleinige Verantwortung für mein Leben und mein Handeln, sowie allen Folgen und Konsequenzen. Ich muss mich vor niemandem rechtfertigen, außer vor mir selbst.

Ich bekenne mich offen zum Egoismus. Fast alle von uns sind Egoisten, die zuallererst den eigenen Vorteil wahren möchten, aber die Wenigsten stehen dazu. Und warum? Weil uns wieder einmal andere eingeredet haben, dass Egoismus etwas Schlechtes sei. Was aber ist falsch daran, zuerst an sich und erst dann an die anderen zu denken?

Wer mich als stur oder als Egoisten bezeichnet (beschimpft?), ist selbst egoistisch, denn er will durch diese Bezeichnung seine Interessen durchsetzen. Das ist nicht minder egoistisch.

Wer sich zum Egoismus bekennt, auf sich selbst schaut und sich selbst wichtig nimmt, ist ein besserer Partner für andere Menschen. Wir alle kennen den alten Spruch: „Wer sich selbst nicht lieben kann, kann auch niemand anderen lieben.“ Wahre Worte, denn wie soll es möglich sein, ein Gefühl (Zuneigung, Liebe) anderen zu geben, das man nicht einmal sich selbst geben kann? Logisch, oder?

Ich beginne meine Vorhaben nicht mit Fragen wie: „Darf ich das?“ „Was werden da die anderen sagen?“, sondern: „Was will ich?“ „Was nützt es mir?“

Ich habe vor sogenannten Autoritätspersonen nicht mehr Respekt als vor jedem anderen Menschen. Warum auch? Wer einen höheren gesellschaftlichen Status, mehr Geld oder Besitz hat, ist deswegen weder besser noch schlechter als andere. Der übertriebene Respekt vor Vorgesetzten, Polizisten, Managern, etc. ist auch nur wieder etwas, das mir andere eingeredet haben.

Ich gewöhne mir an, meine Meinung zu sagen und dahinter zu stehen. Wenn ich „Nein“ sagen will, sage ich nicht aus Gefälligkeit „Ja“. „Ja-und-Amen“–Sager werden von der Mitwelt nicht respektiert, sondern ausgenutzt.

Neidgefühle sind mir fremd geworden. Wenn ich jemandem etwas neide, dann weiß ich nicht, was ich will, da ich mich nach den Maßstäben des anderen richte, anstatt nach meinen eigenen.

Ich bringe meine Wunschvorstellungen mit der Realität in Einklang. Das bedeutet: Was machbar ist, ändere ich zu meinem Vorteil, was nicht, vergesse ich, ohne mich darüber zu ärgern. Was ich nicht ändern kann, akzeptiere ich.

Ich trauere nicht dem Gestern nach und fürchte mich nicht vor einem ungewissen Morgen. Ich lebe im Hier und Jetzt und verhalte mich so, wie es dem jeweiligen Augenblick entspricht.

Ursprünglich wollte ich mit dem Schreiben von Romanen Geld verdienen, obwohl ich viel besser Gedichte als Romane schreiben kann. Und warum habe ich es nicht gleich mit Gedichten versucht? Weil ich irgendwo gelesen habe, dass man mit dem Schreiben von Gedichten kein Geld verdienen kann. Das heißt, ich habe mir wieder einmal von jemand anderem etwas einreden lassen, anstatt meine eigenen Erfahrungen zu machen. Mittlerweile habe ich eine Homepage als Auftragsdichter.

Ich verschiebe Unangenehmes nicht. Probleme löse ich selbst und so schnell wie möglich. Ich suche mir erst dann Hilfe, wenn ich ein Problem alleine nicht lösen kann. Ich will mich nicht von anderen abhängig machen. Wenn ich vor etwas Angst habe, beruhige ich mich mit den Formeln der Autosuggestion. Was heute getan werden muss, tue ich heute. Was morgen getan werden muss, tue ich morgen.

Wenn ich auf mich aufmerksam machen will, muss ich raus aus dem Schutz der Masse, ansonsten werde ich niemandem auffallen. Ich muss zeigen, was ich kann, nach dem Motto: „HALLO, hier bin ich, schaut her, was ich kann!“ In meinem Fall zum Beispiel Gedichte vortragen. Ich muss manchmal über meinen Schatten springen und etwas tun, das mir als Introvertierter nicht liegt. Auch hier helfen mir die Formeln der Autosuggestion.

Ich fürchte mich nicht vor Rückschlägen und Niederlagen. Niederlagen sind nichts weiter als notwendige Ereignisse, die mir zeigen, was ich beim nächsten Mal besser machen muss. Außerdem gibt es im Leben immer zwei Seiten: Niederlage und Sieg, Gutes und Schlechtes, Intro und Extroversion.

Ich bin bereit, bewusst auf alles zu verzichten, das mich erpressbar oder von anderen abhängig macht.

Geld, das ich nicht habe, gebe ich nicht aus. Wenn ich etwas haben will, das mir als das Wichtigste erscheint, verzichte ich auf weniger wichtige Dinge, bis ich mir das Wichtigste leisten kann. „Kaufen Sie jetzt, zahlen Sie später“ ist für mich nichts anderes als ein verführerisches Angebot anderer, um Menschen dazu zu bringen, sich nicht selten unüberlegt in Schulden zu stürzen. Alles so schnell wie möglich haben und auf nichts verzichten wollen, ist nicht mein Stil.

Fairerweise muss ich erwähnen, dass ich Einnahmen durch eine Vermietung habe. Das allein würde nicht zum Leben reichen, trotzdem bin ich mir bewusst, dass solche Zusatzeinkünfte, welche die Erreichung meines Endziels wahrscheinlicher machen, nicht jeder hat.

Mein Leben soll ab 2020 so aussehen: Die Arbeit, die mich nicht erfüllt, möchte ich verlassen. Ich will raus aus der Stadt und ein ruhiges Leben am Land führen. Zum Leben habe ich die Mieteinkünfte, zusätzlich möchte ich nur noch geringfügig arbeiten, damit mir mehr Zeit für jene Dinge bleibt, die mir Freude machen. Das restliche Geld soll durch meine Schreibprojekte hereinkommen, von denen mehrere in Planung sind. Dieses Vorhaben birgt ein gewisses Risiko. Aber wenn ich es nicht eingehe, werde ich niemals das Leben führen, das ich führen will, sondern für immer im System des durchschnittlichen Massemenschen gefangen bleiben. Erfolg oder Misserfolg – ich übernehme dafür die Verantwortung.

Das ist alles, was ich zu meinem persönlichen Glück bräuchte. Ich brauche keinen Luxus und keine Statussymbole. Frei und glücklich zu sein bedeutet für mich, mein Leben nach eigenen Vorstellungen zu leben und von anderen möglichst nicht abhängig zu sein. Ich weiß genau, worauf ich verzichten muss, um dieses Ziel zu erreichen, das mir wichtiger ist als alles andere. Daher fällt mir der bewusste Verzicht auf weniger wichtige Dinge nicht schwer, da ich genau weiß, was ich will und einen Plan habe, dieses Ziel zu erreichen. Ich richte mein Leben nach meinen Prioritäten ein.

Das wäre mein konkreter Plan, den ich beharrlich verfolge, seit ich die vier Fragen mit absoluter Sicherheit beantworten kann: Warum bin ich so geworden, wie ich bin? Wer bin ich wirklich? Was will ich überhaupt? Was macht mich glücklich? Ich bin der Meinung, dass sich mit Geduld und Beharrlichkeit jeder Mensch einen Wunschtraum erfüllen kann. Wohlgemerkt: Einen wirklichen Wunschtraum, seinen Wunschtraum, nicht irgendwelche Ersatzbefriedigungen, die ihm andere Leute eingeredet haben.

Ein richtiger Wunschtraum kann im Grunde nur zu einem Ziel führen: So frei und glücklich wie möglich zu leben. Was dafür zu tun ist, muss jeder für sich herausfinden. Wir Introvertierten haben die Gabe, Dialoge mit uns selbst zu führen. In uns hineinhorchen können wir besser als Extrovertierte. Also sollten gerade wir diese Fähigkeit zu unserem Vorteil nutzen. Unser Körper sagt uns genau, was er gerade braucht: Essen, Trinken, Schlaf, Bewegung, … und wenn wir uns intensiv mit uns selbst beschäftigen, können wir auch herausfinden, wie wir unser Leben nach eigenen Vorstellungen und Maßstäben gestalten wollen, was uns wirklich wichtig ist, und was für uns richtig und falsch ist. Vorausgesetzt, wir lassen uns weder die Maßstäbe von anderen aufdrängen, noch uns von deren „Killer – Aussagen“ beeinflussen.

Alex
Auftragsdichter.at

Über den Autor

Mein Name ist Patrick und ich bin introvertiert. Oft habe ich mir gewünscht, extrovertiert zu sein, bis ich meine Veranlagung besser verstanden habe. Mehr über mich und mein Buch Kopfsache.

Comments

  1. Hallo Alex,

    schön, mal wieder einen Gastartikel von dir zu lesen.

    Ich wünsche dir für die Umsetzung deiner Pläne ganz viel Erfolg und hoffe, dass du dir den lang gehegten Traum vom ruhigen Leben auf dem Land erfüllen kannst.

    Alles Gute für deine neuen Projekte.

    Viele Grüße,
    Ina

    • Danke Ina!

      Ich hoffe es nicht nur, ich weiß es! Wer nur hofft, ist nicht überzeugt. Wer nicht überzeugt ist, der zweifelt. Wer zweifelt, glaubt nicht wirklich daran. Und wer nicht wirklich daran glaubt, wird es nicht schaffen.

      Beste Grüße,
      Alex

  2. Wow, was für ein inspirierender Artikel. Im Grunde genommen habe ich die vier Fragen für mich ja auch schon beantwortet, aber es hapert doch immer mal wieder an der Umsetzung. Irgendwie mache ich nämlich meine Introversion noch zu oft dafür verantwortlich, wenn es bei mir nicht so läuft, wie ich es mir vorstelle.

    Aber ich arbeite dran. Wobei ich in erster Linie weg von jeglichem Schubladendenken möchte (vor allem möchte ich mich nicht selbst so oft in Schubladen stecken).

    Wichtig ist doch wirklich, sich auf seine ganz ureigenen, persönlichen und individuellen Bedürfnisse zu konzentrieren. Völlig egal, ob man introvertiert, extrovertiert oder was auch immer ist.

    Nochmals Danke für diesen ausführlichen Einblick in deine Gedanken und vor allem auch in deine Pläne. Ich wünsche dir alles Gute und ganz viel Erfolg auf deinem Weg.

    Monika

  3. Hallo Alex,

    ich handhabe das schon seit Jahren so und wenn ich mir deinen Artikel so durchlese, muss ich erkennen, dass mir meine Eltern offensichtlich im Gegensatz zu anderen nie Steine in den Weg gelegt haben. Sie haben mir nix ausgeredet, als ich in eine Tanzschule wollte, obwohl ich bereits im Schwimmverein war und auch nicht, als ich beides an den Nagel hängen wollte und mit Kampfsport angefangen habe. Sie haben mir nix eingeredet, als ich meinen Beruf (dessen Ausbildung sie bezahlt haben) aufgeben und mit Mitte 20 nochmal studieren wollte und mich nicht ausgelacht, als ich nach einem Semester die Uni in eine ganz andere Stadt wechseln wollte inklusive Wechsel des Studiengangs. Ich „durfte“ von Kleinauf machen, wonach mir war. Durch diese Erkenntnis bin ich bewusst dankbar.

    In Vielem sehe ich mich wieder und habe diese bereits verinnerlicht und akzeptiert.
    Deine (und auch Patricks) Beiträge helfen mir aber dahingehend, vieles in Worte zu fassen, klar zu definieren und mich gegenüber mir und „Unwissenden“ zu erklären. Außerdem finde ich es spannend, dass es Menschen, denen es genauso geht und dass ich offensichtlich so viel gar nicht falsch mache.